Meist wird angenommen, dass die Lobby von außen an Politiker/innen, Parteien und Regierungen herantritt und versucht „Einfluss zu nehmen“. Doch die Entwicklung ist weitergegangen: Ein Teil der Unternehmens-Lobby sitzt bereits im Staat und regiert mit. Das geschieht in vielen Formen, die in ihrer Gesamtheit der Öffentlichkeit bisher wenig bekannt sind. So finanzieren etwa die privaten Banken und Versicherungen ihre eigene Aufsicht, das Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bafin – während die meisten Bürger/innen die Bafin für eine übliche staatliche Behörde halten. Großkanzleien entwerfen Gesetze. Internationale Großbanken sind Dauerberater unserer Regierungen. Konzerne delegieren Manager in Ministerien („Leihmanager“). Konzerne finanzieren Universitäts-Lehrstühle, Unternehmensverbände finanzieren Universitäts-Institute, z.B. in München.
Werner Rügemer berichtet in der Veranstaltung auch über das Gerichtsverfahren, das das Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) und dessen Direktor Prof. Klaus Zimmermann seit 2013 gegen ihn anstrengt. Das Institut wird seit 1998 vom Deutsche Post-Konzern über eine Stiftung finanziert. Dessen Präsident ist der Ex-Konzernchef und Steuerhinterzieher Klaus Zumwinkel. IZA hat bei den Hartz-Gesetzen mitgewirkt und will sie im Rahmen der Agenda 2020 in ganz Europa verbreiten. Das Institut ist Dauer-Gutachter für Bundesministerien und die Europäische Kommission und kooperiert mit der Weltbank. Es hat gegen Rügemer beim Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung erwirkt: Rügemer und einige Medien dürfen seitdem nicht mehr behaupten, das IZA sei in seiner Wissenschaft nicht frei und nicht unabhängig und betätige sich als Lobbyist. Am 22.8.2014 fällt das Gericht ein Urteil. Die Lobby bemüht sich auch in vielen anderen Fällen, dass Autor/innen und Medien zum Schweigen gebracht werden.

Referent:
Werner Rügemer, Publizist, Sachbuchautor („Rating Agenturen“, „Arbeitsunrecht“, „Cross-Border-Leasing“), Attac-Mitglied